Heilfasten
Im Christentum gibt es zwischen Aschermittwoch und den Ostertagen die sogenannte Fastenzeit, im Islam gibt es einen gesamten Monat lang das gemeinsame Fasten namens „Ramadan“ und im Judentum gibt es mehrere Feiertage, während welchen gefastet wird – doch nicht nur in den großen Weltreligionen spielt das Thema „Fasten“ schon seit Jahrtausenden eine wichtige Rolle. Die gesundheitlichen Vorteile, die sowohl Körper als auch Geist betreffen, dringen bis heute immer mehr ins Bewusstsein von immer mehr Menschen vor und werden dabei gleichzeitig von der Wissenschaft bestätigt. Was es mit dem „Heilfasten“ auf sich hat, welche Vor- und Nachteile es bietet, welche Gerüchte sich um das Thema ranken und für wen es besonders geeignet ist, erfahren Sie im folgenden Artikel.
Gesundheitliche Vorteile
Heilfasten macht seinem Namen alle Ehre: Es dient dazu, dem Körper über einen festgelegten Zeitraum von meist drei bis 21 Tagen keine Nahrung zuzuführen und somit die Verdauung zu entlasten. Dies kann bei verschiedenen Erkrankungen und dem allgemeinen Wohlbefinden wahre Wunder wirken, weshalb das „Heilen“ den Mittelpunkt bei diesem Prozess darstellt. Verzichtet der Körper nämlich für einen längeren Zeitraum auf seine gewohnte Ernährungsweise, wird nach einem schwierigen Start schnell bemerkbar, welche positiven Auswirkungen dies auf den Organismus hat. Die Verdauung kommt zur Ruhe, was eine Neutralisierung und Beruhigung der Magensäfte und der Darmflora nach sich zieht. Die Energie, die der Körper bisher für die Verdauung aufgebracht hat, kann dieser nun für regenerative Prozesse verwenden, wie dem Entgiften des Blutes und der Organe sowie dem Baustoffwechsel, der für Muskelaufbau und Fettabbau zuständig ist. Der Verzicht auf Nahrung macht sich ebenso bei der Gehirnleistung bemerkbar – zwischen dem 3. und dem 5. Tag des Fastens, wenn der Körper sich erfolgreich an die neuen Umstände gewöhnt hat, tritt eine extreme Klarheit im Kopf auf und die eigene Aufmerksamkeit wird geschärft. Man verspürt ein richtiges „Energie-Hoch“, was im ersten Moment total perplex erscheinen kann, da man dem Körper ja eigentlich Energie entzieht. Doch genau das macht das Heilfasten so besonders: Man lernt den eigenen Körper auf eine sehr intensive Weise neu kennen und kann sich somit von falschen, alten Überzeugungen und Ansichten befreien.
Das Heilfasten eignet sich hervorragend, um Beschwerden wie regelmäßigen Kopfschmerzen oder Verdauungsproblemen entgegenzuwirken. Ebenso kann es zur Verbesserung von Allergiebeschwerden, Gefäßerkrankungen, Gelenkerkrankungen, Herz-Kreislauf-Problemen, Hautkrankheiten, Fettstoffwechselstörungen, Fettleibigkeit und rheumatischen Erscheinungen kommen. Da jeder gesundheitliche Fall individuell ist, kann man an der Stelle keine Garantie aussprechen, jedoch ist das Fasten definitiv empfehlenswert. Prüfen Sie, ob Sie zu einer Personengruppe gehören, der das Fasten abzuraten ist (s. Abschnitt „Risiken und Nachteile“).
Die Schlafenszeit reduziert sich während der Fastenzeit um ca. 20-30% auf 4-6 Stunden Schlaf pro Nacht, da der Körper nachts nicht verdauuen muss und somit in kürzerer Zeit die Regeneration abgeschlossen hat, für die er sich im Schlaf die Zeit nimmt. Der Verzicht gibt einem also gleichzeitig ein wenig mehr Zeit des Tages zurück, die man für etwas Sinnvolles nutzen kann. Da auch über die Haut Giftstoffe und Abbauprodukte, die während der Verdauung entstehen, ausgeschieden werden, gelangt man mit der Entgiftung durch Heilfasten zu einem sichtbar sauberen Hautbild und einem gesunden Teint.
Nachteile & Risiken des Heilfastens
Den wohl größten Nachteil lernen Sie während des Heilfastens meist schon am ersten Tag kennen: Hunger. Da der menschliche Organismus durch die heutigen Umstände daran gewöhnt ist, regelmäßig ausreichend Nahrung zu bekommen, ist eine Reduktion dieser Menge für den Körper ein absoluter Ausnahmezustand. Wir alle kennen das Gefühl von Hunger, während der Fastenzeit wird dieses Gefühl allerdings schwierig durchzustehen, da es (je nach Fastenform) nicht zu einer Befriedigung dieses Gefühls kommt. Der Körper schaltet nach und nach die Alarmglocken ein, man kann u.a. Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Bauchschmerzen, Kreislaufschwierigkeiten und Antriebslosigkeit erleiden. Diesen Nebenwirkungen kann man gezielt entgegenwirken, wenn man während der Fastenperiode auf eine ausreichende, überdurchschnittliche Wasserzufuhr von 3-5 Litern pro Tag achtet und sich evtl eine erträglichere Form des Fastens aussucht (s. Abschnitt „Formen des Heilfastens“). Ebenso kann der Hunger kontrolliert und abgemildert werden, indem man zu Beginn der Fastenzeit den Darm entleert mit einer Abführung durch z. B. Glaubersalz. Ein leerer Darm sendet weniger Reize ans Gehirn, die das Hungergefühl erzeugen.
Für welche Personen ist Heilfasten nicht geeignet: Generell ist das Fasten jedem Menschen abzuraten, der auf eine kontinuierlich gesunde Versorgung des Stoffwechsels angewiesen ist. Darunter zählen KInder, ältere Menschen ab 65 Jahren, sowie schwangere und stillende Frauen. Für die Kinder, die sich im Wachstum befinden, kann ein Mangel an wichtigen Nährstoffen gefährlich sein. Bei schwangeren und stillenden Frauen können die Giftstoffe, die während des Heilfastens abgebaut werden, in die Muttermilch oder das Baby abgegeben werden und fatale Folgen für das Kind haben. Ebenso ist Menschen mit physischen und psychischen Belastungen wie Krebs, Organproblemen, Diabetes, Suchtkrankheit, Blutarmut, Depressionen, Neurosen und Burnout-Syndrom vom Heilfasten abzuraten, um die Gesundheit des betroffenen Menschen nicht weiter aufs Spiel zu setzen. Diese Personen können mit ihrem Hausarzt das Vorhaben besprechen.
Achtung an alle Übergewichtigen: Das Heilfasten ist kein geeigneter und gesunder Weg, um überschüssige Pfunde zu verlieren. Zwar verliert man während dieser Zeit tatsächlich eine nicht unerhebliche Menge an Gewicht, jedoch besteht diese zum größten Teil aus Wasser. Die Fastenzeit stellt trotz der enormen Vorteile immernoch eine physiche Belastung für den Körper dar und sorft dafür, dass dieser nach dieser Phase mehr Nährstoffe aufnimmt als zuvor, was zu einem Jojo-Effekt führen kann. Mit diesem sollte man im Vorfeld schon rechnen, er gehört zu einem solchen Vorhaben dazu. Deshalb ist davon abzuraten, das Heilfasten als eine Art Diät zu sehen, oder es primär durchzuführen, um Gewicht zu verlieren.
Formen des Heilfastens
Obwohl das Grundprinzip beim Heilfasten immer gleich ist, gibt es dennoch eine große Variation verschiedener Durchführungsmöglichkeiten. Hier geben wir einen groben Überblick über die drei bekanntesten Fastenformen, sodass Sie sich ein Bild davon machen können, welche am ehesten zu Ihnen passt.
1. Das Buchinger-Heilfasten, benannt nach Otto Buchinger (1878-1966):
Bei dieser bekannten Methode wird am ersten Tag eine leichte Kost verzehrt, um sich auf die Fastenzeit vorzubereiten. Am darauffolgenden Tag wird dann der Darm mit einer Abführung durch z. B. Glaubersalz geleert. Dies hat den Effekt, dass das Hungergefühl erträglicher wird, da Rezeptoren im Darm für dieses zuständig sind und weniger Reize abgeben, wenn er leer ist. Ebenso unterstützt es den entgiftenden Prozess während der Fastentage. Ab dann wird beim Buchinger-Heilfasten nur noch getrunken: Gemüsebrühe, Kräutertees, verdünnte Obst- und Gemüsesäfte sowie natürlich Wasser – dies ist gut für die Psyche während dieser Zeit und sorgt für einen stabilen Vitamin- und Mineralstoffhaushalt im Körper.
2. Saftfasten
Mit dieser Fastenform setzt man auf eine ausreichende Zufuhr von frisch gepressten Obst- und Gemüsesäften. Diese unterstützen mit ihren Unmengen an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen den Entgiftungsprozess des Fastens und sorgt für einen beruhigenden Effekt für das Hungergefühl. Diese Variante ist eine finanziell aufwendigere, wenn auch psychisch entlasendere Methode, mit der man die erste Fastenperiode erfolgreich meistern kann. Hier wird Mangelerscheinungen vorgebeugt und dem Körper in den ersten, schweren Tagen mit einer gesicherten Nährstoffzufuhr geholfen.
3. Molke-Fasten
Bei dieser speziellen Form des Heilfastens wird auch gänzlich auf feste Nahrung verzichtet, jedoch hauptsächlich auf den Konsum von Molke, Sauerkrautsaft und Obstsaft gelegt. Molke ist eine gelbliche Restflüssigkeit, die bei der Käseherstellung entsteht. Diese Methode wurde speziell darauf ausgelegt, eine ausreichende Eiweißzufuhr zu bewerkstelligen, um bspw. Muskelabbau entgegenzuwirken. Der Sauerkrautsaft hat zusätzlich eine entschlackende Wirkung auf das Verdauungssystem.
Der Mythos: Gerüchte rund ums Fasten
– Hunger ist ungesund und fährt den Stoffwechsel runter: Falsch! Heutige Studien haben bewiesen, dass die Reduktion von Nahrung keinen langfristigen Einfluss auf den Stoffwechsel hat. Sind die ersten 3-4 Hungertage überwunden, wird der Energiebedarf durch die eigenen Energiespeicher (Glykogen, Fettspeicher und Muskeln) gedeckt und führt somit zu keinen Einschränkungen von körperlichen und/oder geistigen Einschränkungen.
– Nach dem Fasten wiegt man mehr als vorher wegen dem Jojo-Effekt: Dieses Gerücht hat seine Daseins-Berechtigung. Durch Fasten verliert man relativ schnell eine merkliche Menge an Gewicht, dieses wird natürlich bei Wiederbeginn der Nahrungsaufnahme zum Teil zurückgewonnen. Setzt man jedoch auch nach dieser Zeit mit einem gesunden Lebensstil fort, der davor nicht gegeben war, sind die Gewichtsverluste nachhaltig und können sogar weiter ausgebaut werden.
– Vom Fasten kommen sofort Mangelerscheinungen: Falsch. Wir Menschen unterschätzen häufig die Übersättigung an Nährstoffen, die wir durch die heutige Versorgung an Lebensmitteln genießen. Der Körper kommt problemlos mehrere Tage ohne die meisten Baustoffe aus. Setzt man auf eine Saftkur, werden die essentiellen Mikronährstoffe sogar trotz Verzicht zum größten Teil gesichert.
Die Erfahrung bewusst erleben
Wer zum ersten Mal fastet, sollte sich auf jeden Fall positiv auf die Erfahrung einstellen. Der Fokus sollte nicht auf dem Verzicht liegen, sondern auf dem Kennenlernen des eigenen Körpers, dem Überschreiten unbekannter Grenzen und dem Prozess, die eigene Psyche zu stärken. Mit der Fastenzeit durchlebt man wortwörtlich einen Entzug vom Essen, was durch Entzugserscheinungen begleitet wird. Allerdings sorgt man mit dem Schaffen einer Distanz zwischen Nahrung und sich selbst für einen bewussteren eigenen Umgang mit Essen. Deshalb darf und kann eine Heilfasten-Periode als Start in eine langfristige, gesunde Ernährungsumstellung genutzt werden. Die radikale Reduktion der Nahrung kann seelisch sehr einspannend sein, hat aber immer ein Gefühl der Freiheit in Aussicht, hat man die ersten Leidenstage durchgestanden. Man stärkt sein eigenes Selbstbewusstsein, da man in dieser Zeit ein neues Körpergefühl entwickelt und erkennt, zu was der eigene Körper in der Lage ist, was man vorher angezweifelt hat.
Körper und Geist werden in dieser Zeit neugestartet und lassen Sie eine neue Euphorie, ein neues Wohlbefinden und eine neue Ausstrahlung gewinnen. Die Geschmacksnerven werden auf Null gestellt und die erste Mahlzeit, die Sie nach der erkenntnisreichen Phase zu sich nehmen werden, wird für Sie unbeschreiblich gut schmecken, wie nichts zuvor – und sei es nur ein Apfel. Sie werden eine völlig neue Wertschätzung gegenüber fester Nahrung entwickeln. Die ersten Tage und Wochen nach der Fastenzeit werden Sie sich selbst mit einfachsten Gerichten wie im Himmel für Gourmets fühlen.
Fazit
Heilfasten eignet sich grundsätzlich für alle gesunden Erwachsenen bis 65 Jahre, die sich auf eine Bewusstseinsreise mit ihrem Körper und ihrem Geist begeben wollen oder kleinere Beschwerden in Angriff nehmen möchten, ohne dabei direkt auf pharmazeutische Präperate zurückzugreifen. Das Immunsystem erlangt die Energie, die sonst für die Verarbeitung von Nahrung verwendet wird und erlangt einen Leistungsschub. Das Hautbild wird verfeinert, die Wertschätzung für Essen ganz neu entwickelt, zwanghaftes Verhalten gegenüber Essen durch den psychischen Entzug gemildert und der Verstand geschärft. Jeder, der sich für Heilfasten interessiert, wird empfohlen, während dieses Prozedere einen Arzt hinzuzuziehen und sich vorher und währenddessen kontrollieren zu lassen.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrem nächsten Fasten!